Fachkräfte für den Klimaschutz
Die neue IQ Situationsanalyse beleuchtet die berufliche Anerkennung und Qualifizierung im Umwelt- und Klimahandwerk. Im Interview stellen Co-Autorinnen Nadia Heimann und Melanie Adacker die wichtigsten Befunde vor.
Die neue IQ Situationsanalyse beleuchtet die berufliche Anerkennung und Qualifizierung im Umwelt- und Klimahandwerk. Im Interview stellen Co-Autorinnen Nadia Heimann und Melanie Adacker die wichtigsten Befunde vor.
Die IQ Fachstelle Anerkennung und Qualifizierung hat in ihrer neuesten Situationsanalyse Berufe aus dem Umwelt- und Klimahandwerk in den Blick genommen – so z. B. Anlagenmechaniker, Elektronikerinnen und Kraftfahrzeugmechatroniker. Die Studie analysiert den Stand der beruflichen Anerkennung und die Qualifizierungsmöglichkeiten in diesem Berufsfeld.
Warum haben Sie sich auf diese Berufe und das Handwerk konzentriert?
Melanie Adacker: Die Situationsanalyse fokussiert sich auf Zukunftsberufe im Handwerk, die für Umwelt- und Klimaschutz besonders relevant sind. Dafür haben wir einen Definitionsvorschlag erarbeitet und zunächst 40 Berufe zugeordnet. Das „Umwelt- und Klimahandwerk“ haben wir aufgegriffen, da durch den Klimawandel und neue Technologien der Bedarf an Fachkräften steigt und das Handwerk eine zentrale Rolle zur Umsetzung konkreter Lösungen spielt. So werden z. B. Anlagenmechanikerinnen und Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik dringend gebraucht, um die Umstellung auf klimafreundliche Heizsysteme sicherzustellen.
Nadia Heimann: Neue Technologien erfordern auch entsprechende Qualifikationen. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind jedoch zu wenige Bewerberinnen und Bewerber vorhanden, wodurch Fachkräfte und Quereinsteigende aus dem Ausland mit ihren Kenntnissen und Fertigkeiten an Bedeutung gewinnen. Dabei können auch die Potenziale von Personen stärker berücksichtigt werden, die bereits in Deutschland leben und aktuell im Helferbereich tätig sind.
Melanie Adacker: Unsere Ergebnisse fußen neben eigenen Recherchen auf qualitativen Erhebungen und ergänzenden statistischen Auswertungen: Mithilfe von Fokusgruppendiskussionen und vertiefenden leitfadengestützten Experteninterviews haben wir die Datenbasis gelegt. Anschließend wurden die Ergebnisse u. a. durch eine quantitative Auswertung von Daten der amtlichen Statistik eingeordnet und validiert.
Welche Ergebnisse sind besonders bemerkenswert?
Nadia Heimann: Zunächst einmal bietet das Umwelt- und Klimahandwerk sehr gute und auch niedrigschwellige Einstiegschancen für Zugewanderte, insbesondere im Vergleich zu reglementierten Berufen etwa im Gesundheitswesen. Prinzipiell ist der Einstieg ins Berufsfeld auch ohne (volle) Anerkennung und auch für Personen ohne formale Qualifikation möglich. Ein Anerkennungsverfahren kann relativ zeit- und kostenaufwändig sein, bietet jedoch gleich in mehrfacher Hinsicht Vorteile: So erhalten Fachkräfte die Möglichkeit, an spezifischen Weiterbildungen teilzunehmen. Und Arbeitgebende können die im Ausland erworbenen Kompetenzen besser mit der Ausbildung in Deutschland vergleichen. Für Elektronikerinnen und Kraftfahrzeugmechatroniker ist die Anerkennung zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und Gewährleistungen klar zu empfehlen. Das Für und Wider eines Anerkennungsverfahrens muss jedoch immer im Einzelfall abgewogen werden.
Melanie Adacker: Auch sind die Qualifizierungsangebote im Umwelt- und Klimahandwerk, die einen zentralen Beitrag für berufliche Perspektiven bieten, sehr heterogen und hinsichtlich des individuellen Mehrwerts nicht immer transparent. Die Möglichkeiten reichen von Berufssprachkursen und individuellen Anpassungsqualifizierungen zur beruflichen Anerkennung über Überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen (ÜLU) und Teilqualifizierungen bis hin zu Weiterbildungsangeboten unterschiedlicher Dauer, Inhalte und Zielsetzungen. Und alle diese Qualifizierungsmöglichkeiten verlangen unterschiedliches Vorwissen und andere Voraussetzungen von den Teilnehmenden.
Wo sehen Sie Potenziale zur weiteren Optimierung?
Nadia Heimann: Noch sind die Zugangswege für Ratsuchende und auch für Betriebe nicht immer klar ersichtlich. Gerade die Vielfalt an Qualifizierungsoptionen, Berufsbildern und die stetige Weiterentwicklung des Tätigkeitsfelds machen eine individuelle Beratung und Begleitung unerlässlich, um eine möglichst bildungsadäquate und nachhaltige Arbeitsmarktintegration sicherzustellen. Ein wichtiger Hebel sind flexible und berufsbegleitende Qualifizierungsmöglichkeiten.
Melanie Adacker: Zudem wurden in den letzten Jahren viele Entwicklungen angestoßen wie z. B. die Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG), einschlägige Anwerbe-Initiativen oder die gesetzlich verankerte Möglichkeit zur Validierung berufsrelevanter Kompetenzen für Personen ohne formale Qualifikationen. In der Praxis müssen die Schnittstellen der beteiligten Akteure jedoch noch besser ausdefiniert und verbunden werden, damit diese vielversprechenden Optionen in Zukunft stärker genutzt werden.
Das Interview mit Nadia Heimann und Melanie Adacker fand im September 2025 statt. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Diana Krahl, Dr. Christiane Heimann, Jasmin Jendretzki, Katharina Bock, Dr. Kristin Hecker und Laura Roser sowie weiteren Expertinnen und Experten der beruflichen Bildung haben sie die Studie „Berufliche Anerkennung und Qualifizierung zugewanderter Arbeits- und Fachkräfte im Umwelt- und Klimahandwerk. Situationsanalyse“ (Kurztitel: „Situationsanalyse Umwelt- und Klimahandwerk“) verfasst. Die Situationsanalyse zeigt Herausforderungen und Chancen sowie Empfehlungen für handlungsfeldrelevante Akteure auf operativer und strategischer Ebene im Berufsbereich des Umwelt- und Klimahandwerks auf.
Nadia Heimann und Melanie Adacker sind als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) für die IQ Fachstelle Anerkennung und Qualifizierung tätig. Kontakt für Fragen zur Situationsanalyse: fsaq@f-bb.de
Wichtige Informationen zur Zuständigkeit und Details zum Anerkennungsverfahren für die deutschen Referenzberufe bieten der Profi-Filter im Beratenden-Bereich und der Anerkennungs-Finder im Fachkräfte-Bereich des Informationsportals „Anerkennung in Deutschland“.
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