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Algerien zieht positive Bilanz

Fachkräftezuwachs dank Anerkennungsberatung von ProRecognition

Sofiane Ramdani ist Anerkennungsberater bei ProRecognition in Algier. Im Interview erklärt er, wie trotz Corona seit Jahresbeginn über 20 Fachkräfte aus Algerien nach Deutschland einreisen konnten.

Trotz Corona haben Sie dieses Jahr bereits mehr als 20 Fachkräfte nach Deutschland begleitet. Wie bewerten Sie diesen Erfolg?

Sofiane Ramdani: Das Interesse algerischer Fachkräfte an einer Anerkennungsberatung bei ProRecognition ist trotz Corona ungebrochen hoch und steigt noch weiter. Wir haben die Beratung an die Bedingungen angepasst: Workshops führen wir jetzt z.B. online und ausschließlich berufsgruppenspezifisch durch. Hier prüfen wir, wer gute Erfolgsaussichten auf eine Anerkennung hat und für eine vertiefte Erstberatung in Frage kommt.

Was sind Ihrer Meinung nach Erfolgsfaktoren?

Sofiane Ramdani: Für die Fachkräfte sind Deutschkenntnisse mitentscheidend. Dies steigert die beruflichen Erfolgsaussichten: Fachkräfte mit guten Deutschkenntnissen erhalten häufiger ein Jobangebot und stellen häufiger Anträge auf Anerkennung. Und dies erhöht schließlich die Zahl der ausgestellten Visa. Das klappt prima, obwohl alle zu Hause sind. Auch die Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft konnten wir intensivieren. Es ist wichtig, starke Partner vor Ort zu haben, die die Fachkräfte auf das Beratungsangebot von ProRecognition aufmerksam machen.

Inwieweit hat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz Einfluss auf Ihre Beratung?

Sofiane Ramdani: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt allen Fachkräften mit einer beruflichen Qualifikation die Möglichkeit, in Deutschland zu arbeiten. Es kommen nun mehr Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung zu uns in die Beratung. Über ein Drittel der Personen, die in diesem Jahr ein Visum erhalten haben, haben eine berufliche Qualifikation. Das sind z.B. Computertechniker, Anlagenmechaniker oder Pflegefachkräfte. Das Unterstützungs- und Beratungsangebot musste hierfür entsprechend ausgebaut werden. Unsere Werbemaßnahmen wurden angepasst und auf die neue Zielgruppe ausgerichtet. Viele Algerier gehen nämlich immer noch davon aus, dass es nur Akademikern und Fachkräften mit Mangelberufen vorbehalten ist, zum Arbeiten nach Deutschland kommen zu können.

Auch das Netzwerk in Deutschland ist größer geworden. So haben wir viele neue Ansprechpartner in Deutschland, z.B. bei der IHK FOSA, bei den Handwerkskammern und anderen zuständigen Stellen sowie bei der Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA). Das hilft enorm bei Rückfragen zu Verfahren, aber auch bei der weiterführenden Begleitung nach teilweiser Anerkennung und der Suche nach passgenauen Anpassungsqualifizierungen für unsere Fachkräfte. Hier ist auch der Kontakt zu den IQ Netzwerken enorm wichtig.

Wie konnten die jetzt eingereisten Fachkräfte trotz Corona einen Job in Deutschland finden?

Sofiane Ramdani: Aus unserer Sicht dämpfte Corona den Fachkräftebedarf nur vorübergehend. Der Gesundheitsbereich wird ungebrochen stark nachgefragt. In der aktuellen Gruppe haben wir einen Pflegefachmann, der in Algerien Deutschkenntnisse mit B1-Niveau erworben hat. Er ist zunächst als Pflegehelfer im Einsatz, bis er mit einem Sprachkurs das Sprachniveau B2 erreicht hat. Erst dann wird er als Pflegefachmann mit voller Anerkennung tätig sein. Wir haben ihn auch nach der Anerkennung weiter beraten und ihm den Weg über die Qualifizierung erklärt.

Wie gesagt: Wir unterstützen unsere Fachkräfte auch über die Anerkennung hinaus. So helfen wir bei der Jobsuche, indem wir an die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit oder auf einschlägige Berufsportale verweisen. In einigen Fällen schauen wir über Bewerbungsschreiben, bereiten auf Vorstellungsgespräche vor oder helfen bei Terminvereinbarungen mit der Visastelle. Egal, was es ist: Der Weg nach Deutschland ist mit der Anerkennung meistens noch nicht abgeschlossen. Für die Fachkräfte vor Ort ist es enorm wichtig, weiter einen Ansprechpartner zu haben. Wir signalisieren jedem Einzelnen, dass er wichtig ist und professionell von uns betreut wird, das ist unser Anspruch.

Wissen Sie, ob sich die Fachkräfte in Deutschland schon eingelebt haben?

Sofiane Ramdani: In der Tat sind wir nach wie vor mit fast all unseren „Schützlingen“ im Austausch. Es geht Ihnen gut. Sie freuen sich darauf, ihre neue Heimat bald unter „normalen“ Bedingungen kennenzulernen. Wir stehen auch noch nach erfolgreichem Jobeintritt jederzeit als Ansprechpartner bereit und vernetzen die von uns beratenen Fachkräfte in Deutschland. So können sie sich untereinander über ihre Erfahrungen im neuen Land austauschen und gegenseitig unterstützen. So geschehen bei dem erwähnten Pflegefachmann, der sich in seiner neuen Heimat Hessen durch den Kontakt mit anderen ProRecognition-Fachkräften schnell zurechtgefunden hat. Auch Migrations- und Integrationseinrichtungen wollen wir künftig einbeziehen.

Das Interview mit Sofiane Ramdani fand im Mai 2021 statt. Für das Projekt ProRecognition, das 2015 gestartet ist berät er an der AHK Algerien einheimische Fachkräfte zu den Möglichkeiten ihrer Berufsanerkennung. Algerien ist seit 2018 dabei und gehört – nach Beratungszahlen und Anerkennungsanträgen – zur Spitze der Beratungsstandorte. Bisher wurden 284 Anträge auf Anerkennung gestellt. 213 Fachkräfte haben bereits einen positiven Bescheid erhalten. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte und von der DIHK Service GmbH sowie den örtlichen Auslandshandelskammern umgesetzte Projekt ProRecognition ist außerdem in Ägypten, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Indien, Iran, Italien, Kolumbien, Polen und Vietnam vertreten.

Wichtige Informationen zur Zuständigkeit und Details zum Anerkennungsverfahren z.B. für den Referenzberuf „Pflegefachfrau/-mann“ bieten Profi-Filter und Anerkennungs-Finder in diesem Portal.