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Ein Angebot des Bundesinstituts für Berufsbildung

Dokumentation der Jubiläumskonferenz

„Anerkennung öffnet Türen – 10 Jahre Anerkennungsgesetz“

Erfolge und Zukunftsfragen der Berufsanerkennung waren Themen der Jubiläumskonferenz zum zehnten Jahrestag des Anerkennungsgesetzes am 3. Mai 2022. 250 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, der Beratungs- und Anerkennungspraxis sowie Fachkräfte mit erfolgreicher Berufsanerkennung kamen auf Einladung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) nach Berlin.

Gemeinsam wurde ein Blick auf das bisher Erreichte geworfen und Herausforderungen für die Zukunft diskutiert. Staatssekretär Dr. Jens Brandenburg eröffnete die Konferenz und betonte die Aktualität des Themas Anerkennung angesichts des akuten Fachkräftemangels in Deutschland. „Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ist ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung in Deutschland.“ Sie sichere die Qualität und sei ein wichtiges Transparenzinstrument für Arbeitgeber, gleichzeitig sei sie ein Instrument der Wertschätzung für ausländische Fachkräfte, die in Deutschland arbeiten. Bei der Einwanderung ausländischer Fachkräfte gelte es trotz der bereits erzielten Verbesserungen durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nach wie vor, Hürden im Zuwanderungsprozess abzubauen und Verwaltungsverfahren weiter zu beschleunigen. So seien angesichts der divergierenden Verwaltungspraxis in den Ländern bei der Anerkennung einheitliche Vorgaben wie z.B. bei den einzureichenden Unterlagen wichtig. Bei der Digitalisierung der Verfahren sollten möglichst viele Länder und Kammern diese Chance für eine Standardisierung der Verfahren nutzen.

„Das Gesetz und die Instrumente helfen, Integration zu verwirklichen. Informations- und Beratungsangebote sind wichtig“

BIBB-Präsident Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser betonte als Mitgastgeber in seinem Beitrag die Integrationswirkung der Anerkennung: „Das Gesetz und die dafür entwickelten Instrumente helfen, Integration zu verwirklichen“. Seit Inkrafttreten haben über 422.000 Menschen die Anerkennung ihrer ausländischen Berufsqualifikation beantragt, davon über 70.000 Pflegerinnen und Pfleger, über 53.000 Ärztinnen und Ärzte und fast 4.000 Elektronikerinnen und Elektroniker. Gleichzeitig lenkte Esser den Fokus auf die Bedeutung guter Informations- und Beratungsangebote für gelingende Anerkennungsverfahren.

In den vergangenen zehn Jahren wurden vielfältige Angebote zur Unterstützung und Beratung durch Bund und Länder gemeinsam mit den Kammern und anderen Akteuren entwickelt. Unter anderem das Informationsportal des BIBB „Anerkennung in Deutschland“ zähle, so BIBB-Präsident Esser weiter, seit dem Start 2012 bereits über 20 Mio. Besucher und sei somit neben anderen Angeboten ein gelungenes Beispiel für ein Erstberatungsangebot. Was berufliche Anerkennung für ausländische Fachkräfte ganz persönlich bedeutet, veranschaulichte eindrucksvoll der im Plenum gezeigte Film „10 Jahre Anerkennungsgesetz – ein Gesetz öffnet Türen“. In dem Video berichten drei Fachkräfte über ihre infolge der Anerkennung gelungene berufliche Integration in Deutschland.

Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), ging in ihrem Grußwort auf den wichtigen Beitrag des BMAS zum Thema Anerkennung durch die Förderung des Programms „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ ein.

In der anschließenden Podiumsrunde tauschten sich Dr. Jens Brandenburg, Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, Ayse Azar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Dr. Elisabeth Beloe, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Netzwerke von Migrant*innenorganisationen (NeMO), Christina Ramb, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) und Dr. Markus Biercher, Geschäftsführer Internationales bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus. Diskutiert wurde über die Chancen und den Wert der Anerkennung für Betriebe und die einzelne Fachkraft, bestehende Best Practice Beispiele für die Fachkräfteeinwanderung und das Anerkennungsverfahren wie z.B. die Datenbank anabin als öffentlich zugängliches Wissensmanagementsystem und Transparenzinstrument der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) der Kultusministerkonferenz, die Beratung für Fachkräfte im Ausland durch die Auslandshandelskammern vor Ort oder auch die 2020 geschaffene Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) bei der BA in Bonn. Die Anwesenden waren sich dabei über den Wert der Anerkennung, auch in nicht reglementierten Berufen, einig.

Von Arbeitgeberseite wurde aber auch Offenheit für Einstellungen ohne formale Anerkennung, z.B. mittels individueller Einschätzung durch Arbeitgeber, signalisiert. Konsens bestand darin, dass die Integration von ausländischen Fachkräften in den deutschen Arbeitsmarkt und damit in die Gesellschaft von enormer Bedeutung sei. Staatssekretärin Ayse Asar betonte, dass Deutschland ein ein Einwanderungsland sei und Diversität in Unternehmen die Gesellschaft voranbringe.

Fachpanels bringen Erfahrung aus der Praxis ein und geben neue Impulse

In sieben Fachpanels wurden aktuelle und zentrale Fragen der Berufsanerkennung eingehend diskutiert. Mit dabei waren Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland, insbesondere aus der Beratungs- und Anerkennungspraxis, sowie ausländische Fachkräfte, die nach erfolgreicher Anerkennung heute in Deutschland arbeiten. In den Panels wurden Impulse zur Weiterentwicklung der geschaffenen Strukturen, zum Abbau von Hürden sowie zur Beschleunigung der Verfahren gegeben, aber auch Grenzen aufgezeigt. Es wurde auf den hohen Wert der Berufsanerkennung hingewiesen und betont, dass eine Verfahrensbeschleunigung nicht zu Lasten von Qualitätsstandards gehen dürfe. Kurzberichte zu den einzelnen Panels finden sich weiter unten auf dieser Seite.

Türen öffnen, Potenziale nutzen

Nach dem intensiven und seit langem wieder einmal persönlichen Austausch einte die Teilnehmenden die Gewissheit: Anerkennung trägt für ausländische Fachkräfte zu einer beruflichen und persönlichen Perspektive in Deutschland bei. Und: Zur Bewältigung des Fachkräftemangels bleibt die Berufsanerkennung ein zentraler Baustein, der jedoch stetig optimiert und angepasst werden muss.

Kurzberichte aus den Fachpanels

Die erfolgreiche Fachkräfteeinwanderung erfordert eine enge Zusammenarbeit der beteiligten Akteure u.a. im Bereich der Anerkennungsberatung, Visaerteilung und Fachkräftevermittlung – darin waren sich die Teilnehmenden von Panel 1 einig. Die rechtlichen Neuerungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2020 mit dem beschleunigten Fachkräfteverfahren und den Möglichkeiten, auch als Fachkraft mit Berufsausbildung nach Deutschland einzuwandern, entfalten ihre Wirkung. Weiterhin seien aber Optimierungen nötig, die bereits in der Podiumsdiskussion angeklungen waren: Schnelle Visaerteilung, eine verstärkte Digitalisierung der Verfahren und die Verfolgung sogenannter Gruppenmaßnahmen mit gebündelter Organisation von Sprachkursen und Qualifizierungsmaßnahmen.

Seitens des Auswärtigen Amts betonte Alexander Tschuikow, dass durch das neu geschaffene Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten mit seiner zentralisierten Visumsbearbeitung ausgelastete Auslandsvertretungen bedarfsgerecht unterstützt werden können. DeFa-Geschäftsführer Thorsten Kiefer betonte die Rolle der DeFa als Vermittler zwischen Arbeitgebern und zuständigen Stellen und begrüßte die weitere Digitalisierung von Anerkennungsverfahren: Diese könne vermeiden, dass dieselben Unterlagen im Verfahren mehrfach angefordert werden und eine stärkere Einheitlichkeit in den Bundesländern bewirken. Michael van der Cammen als Vertreter der BA betonte den Mehrwert von Gruppenmaßnahmen in Form von Vermittlungsabsprachen. Diese Absprachen zwischen der BA und den Arbeitsverwaltungen von Partnerländern zur Vermittlung von Fachkräften könnten einen wichtigen Beitrag zur Fachkräfteeinwanderung leisten.

Das beschleunigte Fachkräfteverfahren und Vermittlungsabsprachen, so der Konsens, seien wichtige Beschleuniger der Fachkräfteeinwanderung und der Anerkennung. Diese seien jedoch nur durch die feste Einbindung von Arbeitgebern in Deutschland möglich.

Moderation: Alexander Studthoff, BIBB

  • Thorsten Kiefer, Geschäftsführer Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa)
  • Alexander Tschuikow, Auswärtiges Amt, Referat „Grundsatz Ausländer- und Visumrecht, langfristige Aufenthalte“ 
  • Michael van der Cammen, Bereichsleiter Internationales, Bundesagentur für Arbeit

Studien zeigen positive Effekte der Berufsanerkennung auf die berufliche Situation der Fachkräfte. Welche Faktoren darüber hinaus für eine nachhaltige Integration notwendig wären, wurde im Panel 2 mit Stimmen aus Wissenschaft und Praxis diskutiert.

Die Berufsanerkennung ist ein zentraler Baustein in der Integration internationaler Fachkräfte. Darüber hinaus beeinflussen auch soziale, politische, gesellschaftliche und betriebliche Aspekte den Integrationsprozess. Beispielhaft nannte SVR-Geschäftsführerin Dr. Cornelia Schu im Impulsvortrag die Bereiche soziale Teilhabe, Rechtsstatus, Zugang zu Bildung und zu adäquatem Wohnraum. Dr. Sarina Strumpen, Projektleiterin vom KDA, plädierte für ein interdisziplinär ausgerichtetes Integrationsmanagement unter Beteiligung aller Abteilungen im Unternehmen.

Zudem regte Dr. Strumpen an, künftige Prozesse noch stärker auf die Perspektive der Fachkraft auszurichten. Unternehmen können gerade durch gezieltes Integrationsmanagement gute Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Integration neuer Fachkräfte schaffen, aber auch die Belegschaft insgesamt mitnehmen. Daneben gelte es nicht nur neue, effizientere Strukturen für Arbeitgeber und Behörden zu schaffen, sondern „eine ehrliche Willkommenskultur mit Servicegedanken gegenüber der Fachkraft zu etablieren“. Differenziertes Vorgehen in Branchen oder einzelnen Berufen, so Dr. Schu, wären ein gangbarer Weg dafür. So seien deutsche Sprachkenntnisse im IT-Bereich erfahrungsgemäß nicht so wichtig, hier würde sich auch ein paralleler Spracherwerb am Arbeitsplatz eignen. Die Möglichkeit, in Einzelfällen auf den Nachweis von Deutschkenntnissen zu verzichten, ist durch die Beschäftigungsverordnung bereits gegeben. Einig waren sich alle Experten des Panels, dass Sprache eine fundamentale Voraussetzung für soziale und berufliche Interaktion sei.

Der Vortrag von Dr. Cornelia Schu machte deutlich, dass man den Wert der Anerkennung nicht unterschätzen sollte: Laut einer IAB-Studie erhöht sich innerhalb von drei Jahren die Beschäftigungswahrscheinlichkeit um 25% und der Verdienst um 20%. Eine bessere Verhandlungsposition, Unabhängigkeit und nicht zuletzt eine der Qualifikation entsprechende Tätigkeit sind weitere positive Effekte. Sie förderten damit eine nachhaltige Integration. 

Moderation: Ricarda Knöller, BIBB

  • Suzanne Matthiä, Pflegedienstleitung Kinderkrankenhaus und Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie bei den Kliniken Köln 
  • Dr. Cornelia Schu, Geschäftsführerin Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR)
  • Dr. Sarina Strumpen, Projektleiterin beim Deutschen Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufe im Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) 
  • Claudia Tribin, Sozialberaterin und Projektkoordinatorin bei Xochicuicatl e.V., Lateinamerikanischer Frauenverein in Berlin (IQ Teilprojekt)
  • Nadezda Zubkova, Diplom-Ingenieurin (anerkannte Fachkraft)

Wie funktioniert die Anerkennung in den beiden Nachbarländern? Welche Herausforderungen stellen sich, wie wird ihnen begegnet? Können daraus Denkanstöße abgeleitet werden? Mit zwei Expertinnen aus Österreich und der Schweiz wurden diese Fragen diskutiert und gemeinsame Themen und „Baustellen“ bei der Berufsanerkennung ausgemacht.

In der Schweiz sind viele Berufe je nach Kanton unterschiedlich reglementiert. Während eine Architektin mit ausländischen Berufsqualifikationen in der Deutsch-Schweiz sofort arbeiten kann, benötigt sie in anderen Kantonen eine Anerkennung ihres Berufsabschlusses. Für Gesundheitsberufe sind in Österreich unterschiedliche Stellen zuständig, abhängig davon, ob die Qualifikation aus der EU oder einem Drittstaat stammt. Unter bestimmten Umständen ist ein verkürztes Verfahren („One-Stop“) für EU-Qualifikationen möglich. Im Vergleich zu Österreich und der Schweiz gibt es in Deutschland mehr zuständige Stellen für die Anerkennung. Diese Beispiele zeigen eine Vielfalt an Regelungen und Zuständigkeiten und damit zusammenhängend die hohe Relevanz persönlicher Beratung in allen drei Ländern. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass es ohne Beratung für Fachkräfte schwer sei, sich zurechtzufinden. Zielgerichtete Beratung nehme zudem die persönliche Situation der Menschen und mögliche Alternativen zu einer Anerkennung mit in den Blick. Ausreichende mehrsprachige und langfristig angelegte Angebote seien daher wichtig.

Auch die Digitalisierung wurde angesprochen: In der Schweiz laufen die meisten Anerkennungsverfahren bereits elektronisch, allerdings gebe es noch keine eigene Onlineplattform. Derzeit werde eine benutzerfreundliche Informationsplattform als Wegweiser zur Anerkennung von Berufsqualifikationen umgesetzt. Damit stünden die vielseitigen Auskünfte der nationalen Kontaktstelle online zur Verfügung. In Deutschland wird derzeit die digitale Antragstellung im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes umgesetzt. Auch in Österreich kann die Anerkennung online beantragt werden. Gleichwohl waren sich alle einig, dass in Sachen Digitalisierung noch viel Luft nach oben sei.

Ein weiterer Punkt betrifft die Verzahnung von Anerkennung und Fachkräftezuwanderung aus Drittstaaten: In Deutschland steht eine Weiterentwicklung des Einwanderungsrechts an und die Prozesse bei der Einwanderung sollen beschleunigt und Hürden abgebaut werden. Österreich reformiert derzeit die Kriterien der sogenannten „Rot-Weiß-Rot-Karte“, um die Einwanderung für qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu erleichtern. Alle drei Staaten arbeiten zudem aktiv daran, aus der Ukraine Geflüchteten rasch die Integration in den Arbeitsmarkt und die Anerkennung ihrer Abschlüsse zu ermöglichen. Der Austausch über gemeinsame Themen soll fortgeführt werden. 

Moderation: Nadja Schmitz, BIBB

  • Claudia Moravek, Leiterin des Arbeitsbereichs „Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen“ im BIBB
  • Sandra Schindler, Leiterin der Nationalen Kontaktstelle für die Anerkennung von Berufsqualifikationen im Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), Schweiz
  • Milica Tomić-Schwingenschlögl, Koordinatorin – Anlaufstellen für Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen (AST) am Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen Wien, Österreich
     

An welchen Stellen lässt sich der Anerkennungsprozess optimieren? So lautete die zentrale Frage in Panel 4. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die eigentlichen Anerkennungsverfahren – vom vollständigen Antrag bis zum Bescheid – in der Regel gut funktionieren. Es liege zudem in einigen Berufsbereichen gebündeltes Wissen vor (z. B. beim BQ-Portal insbesondere für Handwerksberufe, der Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe und der IHK FOSA), das fortlaufend ausgebaut und von den zuständigen Stellen systematisch für die Antragsbearbeitung genutzt werde.

Für Abläufe vor und nach der Antragstellung sahen die Teilnehmenden Optimierungsbedarf. So würden z. B. häufig unvollständige Unterlagen eingereicht und die Beschaffung der notwendigen Dokumente dauere oft sehr lange. Welche Unterlagen in welcher Form (z. B. Übersetzungen und beglaubigte Kopien) eingereicht werden müssen, sei zudem bundesweit oft nicht einheitlich. Auch in Fällen, in denen nicht direkt die volle Gleichwertigkeit erteilt werden kann und Ausgleichsmaßnahmen notwendig sind, gebe es Optimierungspotenzial. Hierfür seien ausreichende Angebote sowie eine entsprechende Beratung und Begleitung unverzichtbar. Bei betrieblichen Anpassungsqualifizierungen seien verbindliche Absprachen für die Umsetzung durch die Betriebe wichtig - dies trage zu realistischen Erwartungen auf beiden Seiten bei.

Als zentraler Punkt für ein effizientes und erfolgreiches Anerkennungsverfahren wurde mehrfach eine gute Beratung im Vorfeld und eine ausreichende Ausstattung der Vollzugsbehörden genannt. Es müssten entsprechende Kapazitäten und Personal für die Beratung und Antragsbearbeitung sichergestellt werden.

Als wichtiger Schritt zur Vereinfachung und Vereinheitlichung wurde die Digitalisierung der Antragstellung angesehen. Dazu gibt es ein gemeinsames Umsetzungsprojekt von Bund, NRW und aktuell 12 weiteren interessierten Bundesländern – der erste Pilot-Antrag soll noch im Mai an den Start gehen. Die weiteren Verfahren sollen bis Ende des Jahres folgen. Für die digitale Antragstellung sei es unerlässlich - hier waren sich alle Teilnehmenden einig -, dass Bund, Länder und Kammern an einem Strang ziehen.

Moderation: Carolin Böse, BIBB

  • Carola Dörfler, Leiterin der Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe, Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen im Sekretariat der Kultusministerkonferenz
  • Sven Mückenheim, Portal „Anerkennung in Deutschland“, BIBB 
  • Johanna Reutter, Leiterin der Anerkennungsstelle der Handwerkskammer Hamburg
  • Stephan Treu, Referent Öffentlichkeitsarbeit und Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der IHK FOSA

Im Panel 5 tauschten sich Vertreterinnen und Vertreter von vier Informations- und Beratungseinrichtungen aus, die von der Bundesregierung betrieben bzw. gefördert werden. Drei davon operieren von Deutschland aus (Hotline Arbeiten und Leben in Deutschland beim BAMF, Zentrale Servicestelle für Berufsanerkennung bei der BA, Migrantenorganisation La Red), eine direkt im Ausland (ProRecognition Westbalkan an der AHK Bosnien und Herzegowina).

Ihre Zielgruppe im Ausland erreichten sie über ihre Webpräsenz und Portale – die sie gern noch stärker von Auslandsvertretungen und anderen deutschen Akteuren im Ausland verlinkt sähen. Effizienzgewinne brächten u.a. die Schulungen von Multiplikatoren, die das BIBB organisiert. Die Migrantenselbstorganisation La Red erwerbe sich durch fachkundige Beiträge in sozialen Netzwerken, etwa berufsspezifische oder lokale Community-Gruppen in Facebook einen guten Ruf und werde so zur Beratung aufgesucht. In der AHK Sarajewo müsse nicht mehr aktiv geworben werden: „Die Zielgruppe erreicht uns!“, so ProRecognition-Projektleiterin Lejla Hujić. Ein erfolgreicher Beratungsfall ziehe durch Empfehlung schnell drei neue nach sich.

Die Hotline Arbeiten und Leben in Deutschland (ALiD) stellt mit ihrem breiten Themenspektrum den zentralen inländischen Akteur in der Erstberatung von Einwanderungsinteressierten dar. Sie verweist als Erstanlaufstelle an relevante Akteure wie die ZSBA weiter. Durch verlängerte Servicezeiten (8 – 18 Uhr) erreicht die Hotline Personen aus den unterschiedlichsten Zeitzonen. Im Jahr 2021 betrug die Beratung im Ausland 64%, mit steigender Tendenz.

Generell gelte: Mit muttersprachlichen Beratungsangeboten könne man die Zielgruppe bei weitem besser erreichen. Weitere Teilnehmende bestätigten: Wenn Fachkräfte möglichst schnell die kostenfreien Beratungsangebote einschließlich der zuständigen Stellen finden, entstünden weniger Falschinformationen und Fehlinvestitionen z.B. für unnötige Übersetzungen. Weitere Vernetzung zwischen den Beratungs- und Anerkennungsstellen kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, damit dies den Fachkräften noch leichter gelingt.

Welche Bedarfe die Fachkräfte haben, würde oft erst in der Beratung deutlich. Hier gehe es auch darum, durch gezieltes Eingehen auf die persönliche Situation der Menschen im Beratungsgespräch noch im Herkunftsland, faire Migration sicherzustellen. Beratungsanfragen beziehen sich häufig zunächst auf einzelne Aspekte und dann beginnt die Aufgabe die Einwanderungsperspektive weiterzuentwickeln. Einen „reality check“ nannte ZSBA-Teamleiter Dominik Keindorf das Ergebnis der Beratung, in der auch die Herausforderungen transparent benannt werden. Auf der Grundlage könnten die Fachkräfte eine informierte und nachhaltige Entscheidung darüber treffen, ob sie den Weg zur Anerkennung in Deutschland gehen wollen.

Moderation: Katrin Friske, BIBB

  • Michael Bauernschmitt, Grundsatzsachbearbeiter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
  • Lejla Hujić, Projektleiterin von „ProRecognition Westbalkan“ an der AHK Bosnien und Herzegowina 
  • Dominik Keindorf, Teamleiter bei der Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) 
  • Laura Sajeva, Anerkennungs- und Qualifizierungsberaterin bei der Migrantenselbstorganisation „La Red - Vernetzung und Integration“ e.V. in Berlin (IQ Teilprojekt)

Im April 2022 feierte auch die Qualifikationsanalyse (QA) ihren zehnten Geburtstag. Daniela Wiemers vom BIBB diskutierte zusammen mit Anerkennungsberaterinnen und -beratern von HWK, IHK und einer Landwirtschaftskammer über praktische Erfahrungen und Strukturen, die es für die erfolgreiche Durchführung einer QA braucht. Diese Strukturen haben sich in zehn Jahren Projektarbeit entwickelt und werden aktuell durch NetQA noch bis Ende 2022 weitergetragen. Der SHK-Anlagenmechaniker Eduard Asadullin aus Russland berichtete von seinen positiven Eindrücken aus seiner QA bei der HWK Frankfurt (Oder).

In der Diskussion wurde die Rolle der Qualifikationsanalysen für die Integration in den Arbeitsmarkt betont. Marian Ebel von der IHK München brachte es auf den Punkt: „Man will ja wieder dort stehen, wo man vorher beruflich stand. Mit der QA erhalten Fachkräfte eine Chance auf die Anerkennung und damit auf die Gleichstellung mit einer deutschen Qualifikation.“ Eine Anerkennung mit der praktisch ausgerichteten QA sei für viele Arbeitgeber fast noch aussagekräftiger als ein Bescheid, der „nur“ auf einer Dokumentenprüfung basiere.

Für die Kammern und zuständigen Stellen sei vor allem die individuelle Beratung der Antragstellenden wesentlich: „Vertrauen ist dabei am wichtigsten. Wir haben die gleichen Ziele. Es geht nicht darum, einen weiteren Fall für die Statistik zu bearbeiten. Mir ist wichtig, dass die Person die volle Gleichwertigkeit erreicht“, betonte Dr. Natallia Malinouskaya-Franke von der HWK Frankfurt (Oder).

Sonja Ziebarth, Bildungsreferentin der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, unterstrich, wie wichtig die Handreichungen von NetQA und die fachkundige persönliche Unterstützung seien. Zumal wenn erstmalig eine QA durchgeführt werde: „Der Expertise- und Wissenspool und das Seminar von NetQA, an dem ich teilgenommen hatte, waren für mich sehr hilfreich.“

Marian Ebel, IHK für München und Oberbayern, stellte mit Blick auf die Zeit nach dem Ende von NetQA fest: „Wir brauchen über das Projekt hinaus jemanden, der das Thema trägt. Dokumente veralten, Gesetze ändern sich. Das Wissen muss erhalten bleiben.“ Denn auch nach NetQA werde es weiter QAs in den zuständigen Stellen geben. „Es gibt einen Rechtsanspruch auf ein sonstiges geeignetes Verfahren, und den kann man notfalls auch einklagen“, erläuterte Stefan Gustav von der HWK Koblenz.

Dass die Vernetzung der zuständigen Stellen untereinander hierfür zentral ist, darüber waren sich die Teilnehmenden einig. Daniela Wiemers: „Die Kammern haben in den vergangenen Jahren schon viel Erfahrung mit der Durchführung von QAs gesammelt. Für die Netzwerkarbeit braucht es jedoch Kontinuität und auch Akteure, die das Thema künftig mit Leben füllen.“ 

Moderation: Daniela Wiemers, BIBB

  • Eduard Asadullin, Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (anerkannte Fachkraft mit Qualifikationsanalyse)
  • Marian Isabel Ebel, Referentin Berufsanerkennung Netzwerk Qualifikationsanalyse an der IHK für München und Oberbayern (Projektpartner NetQA)
  • Stefan Gustav, Leiter Abteilung Internationale Berufsbildung, Handwerkskammer Koblenz (Projektpartner NetQA)
  • Dr. Natallia Malinouskaya-Franke, HWK Frankfurt (Oder) Ostbrandenburg (Projektpartner NetQA)
  • Sonja Ziebarth, Bildungsreferentin der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz

Welche Herausforderungen existieren im Bereich der Qualifizierungen und wie kann diesen begegnet werden? Mit zwei wissenschaftlichen Impulsen zu diesen Fragestellungen startete das Panel 7.

Laura Roser vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) machte deutlich, dass das aktuelle Angebot an Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich Pflege derzeit nicht ausreichend sei, insbesondere im ländlichen Raum. Antje Gade vom Pflegequalifizierungszentrum Hessen bemängelte zudem, dass existierende Angebote zur Qualifizierung in der Pflege häufig schlecht gefunden würden.

Bei nicht reglementierten Berufen sei aktuell ein erhöhter Bedarf an Qualifizierungen festzustellen, so Vira Bushanska vom BIBB-Anerkennungsmonitoring. Hinzu käme die Besonderheit, dass Anpassungsqualifizierungen für nicht reglementierte Berufe individuell organisiert werden müssten. Rieke Albrecht, Leiterin des Projekts „Unternehmen Berufsanerkennung“ bei der DIHK Service GmbH, bestätigte eine zunehmende Nachfrage nach Qualifizierungen seit Einführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes 2020. Aufgrund der erst jungen Entwicklung in diesem Bereich steckten Anpassungsqualifizierungen für IHK-Berufe allerdings noch in den Kinderschuhen und seien vielen Unternehmen nicht bekannt. Aufklärung und Unterstützung der Unternehmen bei Anpassungsqualifizierungen wären auch hier gefordert. 

Aus der Praxis der HWK führte Dr. Brigitte Eisele aus, dass es erforderlich sei, gemeinsam mit den Betrieben einen Qualifizierungsplan auszuarbeiten und gleichzeitig den Spracherwerb mitzudenken. Zudem wurde die verlässliche Finanzierung von Qualifizierungsmaßnahmen als wichtige Rahmenbedingung identifiziert.

In der abschließenden Diskussion mit dem Publikum wurde erneut die Bedeutung frühzeitiger Begleitung und Beratung von internationalen Fachkräften und Unternehmen unterstrichen. Es gelte zeitnah und wohnortnah passende Qualifizierungsmaßnahmen zu finden, die innerhalb der Gültigkeit des Visums absolviert werden könnten. 

Moderation: Dr. Rebecca Atanassov, BIBB

  • Rieke Albrecht, Projektleiterin von „Unternehmen Berufsanerkennung“ für den IHK-Bereich bei der DIHK Service GmbH 
  • Vira Bushanska, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BIBB-Anerkennungsmonitoring
  • Dr. Brigitte Eisele, Migrationsbeauftragte im Projekt Chance Migration im Handwerk (MigraNet) bei der Handwerkskammer Schwaben 
  • Antje Gade, Projektleiterin des Pflegequalifizierungszentrums Hessen
  • Laura Roser, wissenschaftliche Mitarbeiterin der IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb)

 

Das war das Programm:

Uhrzeit

Programmpunkt

Uhrzeit

9.00 

Programmpunkt

Ankommen

Akkreditierung, Infostände, Ausstellung „Unternehmen Berufsanerkennung“, Kaffee

Uhrzeit

10.00 

Programmpunkt

Eröffnung durch Dr. Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung

Uhrzeit

10.20

Programmpunkt

Grußwort von Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Uhrzeit

10.30 

Programmpunkt

Film

Uhrzeit

10.45 

Programmpunkt

Podiumsdiskussion 

„Anerkennung im Gespräch: Die Rolle der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen für Integration, Fachkräftegewinnung und Qualitätssicherung“ 

eröffnet durch Keynote Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

  • Ayse Asar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst 
  • Dr. Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung
  • Dr. Elizabeth Beloe, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Netzwerk von Migrantenorganisationen (NeMO)
  • Markus Biercher, Geschäftsführer Internationales der Bundesagentur für Arbeit 
  • Christina Ramb, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA)

Uhrzeit

12.00 

Programmpunkt

Mittagspause 

Uhrzeit

13.00 

Programmpunkt

Fachpanels | Session I

(Mehr Informationen siehe Programm-PDF und Anmeldeformular)

Uhrzeit

14.00 

Programmpunkt

Kaffeepause 

Uhrzeit

14.30 

Programmpunkt

Fachpanels  | Session II

Uhrzeit

15.45 

Programmpunkt

Abschlussgespräch und Verabschiedung

Uhrzeit

16.15 

Programmpunkt

Ausklang mit Sektempfang

Uhrzeit

17.30 

Programmpunkt

Ende 

 

Moderation: Shelly Kupferberg